Erinnerungen an die Bahnhofstrasse in Traun ab 1950

von Christine Lang und Ingrid Kindl, geb.Stransky

Das prächtige Einfahrtstor zum imposanten, schloßartigen Hauptgebäude der Baumwollweberei „Firma GRAUMANN“ war schon damals beeindruckend.
Der dazugehörige parkähnliche Garten mit dem uralten Kastanienbaum an der Nord-West Ecke erstreckte sich bis zum “ Langhaus “ – Bahnhofstr. 8 (ehemals Traun 91). Die östlich vom Langhaus anschließenden Grünflächen mit Akazien-und Kastanienbäumen waren durch einen Holzlattenzaun zur Bahnhofstraße abgegrenzt.

Traun hatte zu dieser Zeit knapp 10.000 Einwohner, für die am Gemeindeamt 10 Angestellte mit Rat und Tat zur Verfügung standen. Bis Ende der 50er-Jahre brachten die Bauern ihre unentfette Milch zur Abgabestelle in die Christlgasse. Dort wurden sie in die selber mitgebrachten 1- oder 2-Liter Milchkannen abgefüllt, an Wochenenden gab’s zusätzlich auch Rahm und Obers.

Am Beginn der Bahnhofstraße – gegenüber von dem schönen Kastanienbaum – erfreute sich das Spielwarengeschäft „Steinbruckner“ regen Zuspruchs. Es lag ja auch am Schulweg!
Daneben, hinter einem Gitterzaun, verbellte ein Hund die vorbeieilenden Schulkinder. Manche liebten ihn, andere, die ihn sekkiert hatten, nahmen vorsichtshalber den Weg über die Badergasse. Der Hund merkte sich alles!

Angrenzend an dieses Vorgartl kam man zur erstklassigen Fleischhauerei „Enzenhofer“. Jeder Einkauf war von einer guten Beratung und einem heiteren Plausch begleitet. Herr Enzenhofer hatte immer die neuesten Witze und einen gesunden Schmäh auf Lager. Seine liebenswerte, sehr tüchtige Frau, half nicht nur die Kunden zufriedenzustellen, sie hatte für jeden auch hilfreiche Ratschläge, wie zum Beispiel bei Rücken- oder Gelenksproblemen sollte man Kohlblätter oder Topfenwickel auflegen.

Gleich anschließend konnte man beim „Eybl“ Farben und Lacke, sogar Taschen und Koffer erwerben und in der dazu gehörigen Spengler-und Lackiererei Lackschäden am Auto reparieren lassen. Eine Tapeziererei war auch dabei. Ganz früher gab es bei Eybl auch ein Lebensmittelgeschäft. Die ganze Familie stand mit verlässlichen Empfehlungen zur Verfügung.

Nach dem Überqueren der Badergasse duftete es schon aus der unvergesslichen Bäckerei „Höllhumer“. Dort gab es verschiedene Brotsorten, Semmerl, Stangerl, Kuchen, Gugelhupf, Striezel, Bäckereien den Jahreszeiten entsprechend und vieles mehr. Die märchenhaften Auslagen begeisterten Jung und Alt. Später kam dann auch ein Café dazu, wo sich die Leute gerne zu einem Plausch trafen.

Die Tabak Trafik „Schuster“ gab es auch damals schon. Sogar für Nichtraucher gab es allerlei Verlockungen und auch verschiedenste Fachzeitschriften. Auf der linken Seite neben der Trafik hatte Frau „Voss“ ihr Friseurgeschäft.
Als Frau Voss in die Linzerstraße übersiedelte, eröffnete Frau Schuster in diesem Teil ein ganz tolles Dekorgeschäft. Familie Schuster war eifrig bemüht, die Kunden zufriedenzustellen.

Nicht zu vergessen die Drogerie „Atzmüller“, für alle Fragen zuständig. Das Angebot war sehr umfangreich sowohl am Drogeriesektor als auch für Kosmetikartikel. Später hat die Drogerie Herr Krippel und dann die Fa. Pfeiffer übernommen.

Der etwas zurück gesetzte Bauernhof nebenan hatte einen Gemüse -und Blumenvorgarten mit wunderschönen Phlox und Dahlien der Fam. Roithner. Nach einem Gedankenaustausch freute man sich über ein paar frische Eier und ein ungerupftes Huhn. In der Nachkriegszeit etwas Besonderes!

Im anschliessenden „Gasthof Cerny“ gab es schon einen Mittags- und Abendtisch, den auch Geschäftsleute von nah und fern gerne besuchten. Die dazugehörige Fleischhauerei lockte zu einer guten Speckjause. Es gab verschiedenste herrliche Würste, Geselchtes, Schweinsripperl, Grammeln und Bratfett.

Ein Haus weiter: „Der Burgstaller“ einfach ein Begriff!
Ursprünglich eine Gemischtwarenhandlung. Im selben Haus war auch ein kleines Friseurgeschäft. Nachdem die beiden Söhne herangewachsen waren, gab es bald nicht nur Lebensmittel und zu Weihnachten lebende Karpfen – ein immer grösser werdendes Sortiment an Handtüchern, Bettwäsche, Vorhänge bis hin zu Modeartikel und Kleidern wurde angeboten.

Die Schwiegertöchter hatten ihre Ressorts fest im Griff. Sogar ein Personenlift wurde für die im 1. Stock befindlichen Verkaufsräume eingebaut.
Der Fortschritt war nicht mehr aufzuhalten. Den ersten Computer weit und breit bedienten die beiden Burgstaller Söhne, Toni und Karl. Man bestaunte die ersten vom Computer ausgedruckten Rechnungen mit allem Drum und Dran.

Die Nordseite hatte bald ein einladendes Leben entwickelt.

Die Südseite der Bahnhofstraße machte noch einen ländlichen Eindruck. Bis eine Frau Lugmaier im Büro der Fa. Graumann vorsprach und fragte, ob man ihr erlauben würde einen kleinen Teil des Zaunes herauszunehmen und dort zwei mal pro Woche einen Verkaufstisch für ihr Gartengemüse aufzustellen. Man hatte nichts dagegen – Frau Lugmaier konnte ihren Lebensunterhalt aufbessern. Schon ein bis zwei Jahre später bat sie, einen Holzkiosk zu bauen, sie wollte sich vergrössern! Ebenso erhielt Frau Bauer die Erlaubnis von Fritz Lang zum Bau eines Kiosks für Kurzwaren. Es fanden sich immer mehr Interessenten ein und es wurden Kioske dazu gebaut. Westlich neben dem Langhaus kam dann ein großer Kiosk der Eisenwarenhandlung Braunschmid dazu, später übernommen von Papier Perkles.
Es folgten das Elektrogeschäft Bernecker, Ruefa Reisen, Schuhe Wolfmaier, Optiker Volk, Schmuck Hietzker, Versicherung Leutgeb (Nachfolger Wilhelm Zanrieth), Putzerei Zimmermann etc. Im Langhaus hat sich die Fa. Graumann zum Textilgeschäft „Palmers Wäsche“ mit an Bord geholt. Das Nebengeschäft wurde an den Herrenschneider Fa. Homolka vermietet.
Der Holzlattenzaun gehörte der Vergangenheit an.

Die Nord- und Südseite der Bahnhofstraße entwickelte sich rasch zur beliebtesten Geschäftsstraße in Traun.

Als Ur-Mutter der Südseiten-Verbauung lassen wir Frau Lugmaier hoch leben!

Einer Straßenverbreiterung fiel schließlich der schöne Kastanienbaum am Eck zum Opfer. An dieser Stelle entstand ein großer Kiosk in welchem der Hofer Markt eingemietet war, ein Gewinn in jeder Beziehung. Die Kunden kamen. Von nah und fern, um in der Bahnhofstraße einzukaufen.
Etliche Jahre später wurde die Fussgängerzone eingeführt und verscheuchte dadurch den Hofer Markt.

Der Bau der Fussgängerzone dauerte viele Monate während denen die Geschäftsleute viele Kunden verloren, waren die Zufahrten, Lieferung und Zugang zu den Geschäften wegen der Baustelle blockiert.
Zugleich eröffnete die Plus City als Einkaufszentrum mit einem grossen Angebot an Kaufhausketten und Geschäften welche eine zuzügliche grosse Konkurrenz für die Trauner Geschäfte (grösstenteils Familienunternehmen) darstellte. Viele Jahre von Anstrengung und Kämpfen ums Überleben folgten für die Trauner Geschäftsleute der ausgestorbenen Fußgängerzone. Nach Jahren wurde endlich erreicht, dass ein verkehrsberuhigtes Einbahnsystem zugelassen und die Bahnhofstraße wieder belebt wurde.
Die Geschäfte hatten grosse Einbussen zu verzeichnen, von denen sie sich erst seit dem Bau des Graumann- Zentrums langsam erholen. Resch und Frisch, die Fleischhauerei Wegscheider, NKD und die Arzt-Praxen bringen viele Kunden.

Schon rückt das dritte Jahrhundert der Graumannschen Existenz in TRAUN mit grossen Vorhaben heran.

Die restlichen Kioske auf der östlichen Seite der Bahnhofstraße werden demnächst einem zeitgemässen Bau mit attraktiven Geschäftslokalen weichen.
Statt den dahinterliegenden Fabrikshallen ist ein modernes Wohnviertel in Planung, dass dem Zentrum eine einladende Wohnqualität vermitteln soll.

Der alte GRAUMANN schaut mit Stolz auf die Entwicklung seiner vor 200 Jahren gegründeten Firma (seit 1867 in Traun) zurück und wünscht seinen Nachfolgern viel Erfolg für neue Projekte.