Erinnerungen an die schwere Entscheidungszeit 1957/58

 

Im Jahr 1957 begann sich abzuzeichnen, dass die Billigwaren aus dem Osten auch Österreich überschwemmen und sogar das Preisniveau der Graumann’schen Qualitätsprodukte beeinträchtigen.

Um Vollbeschäftigung zu gewährleisten, war vorauszusehen, dass bei jedem Meter, der das Werk verlässt, etliche Groschen dazu gezahlt werden müssen, also kein Gewinn mehr erzielt werden kann. Die Maschinen waren veraltet. Die Sorgen von Fritz Lang mehrten sich von Tag zu Tag. Das Grübeln, wie ein Ausweg zu finden sei, erforderte seinen vollen gesundheitlichen Einsatz. In diesen Monaten war Fritz Lang schon um 6:30 Uhr im Büro und kam erst gegen 23 Uhr erschöpft und sorgenvoll nach Hause.

Die Folgen waren Schlafstörungen und Gastritis. Vor jeder Mahlzeit, die sehr kurz bemessen war, musste Fritz Lang eine schwarze Paste einnehmen, die den Magen schmieren sollte. Um dieses Medikament leichter schlucken zu können, füllten wir es in unzählige Kapseln, die er nur mit Verachtung in seinen Magen bringen konnte. Aber sie halfen!

Fritz Langs Buchhalter Herr Manner, sein Steuerberater Herr Schmikl, unser Rechtsanwalt Dr. Heinrich Fogler-Deinhardstein und Fräulein Ingrid Stranzky waren im Dauereinsatz, um mit den Banken zu verhandeln. Sogar ein ERP-Kredit wurde ins Auge gefasst, Dkfm. Dr. Hans Igler (späterer langjähriger Präsident und Ehrenpräsident der Industriellenvereinigung) konsultiert. Ihre Untersuchungen ergaben einen Finanzbedarf von mindestens 10 – 15 Millionen Schilling, allein um die Produktion wieder konkurrenzfähig gestalten zu können – der Schuldenstand von 5 Millionen kam dann noch dazu.
Es wäre nur in Hinausschieben der Probleme gewesen.

In dieser Zeit meldete sich das Kommen Fritz Langs erstem Nachkommen für Ende Jänner 1958 an. Dies hatte ein Umdenken zur Folge: auch durch eine Umstrukturierung und neuerliche Investitionen schien es unmöglich, in diesen für die Textilindustrie immer schwerer werden Zeiten das Werk seinem Nachkommen als Weberei übergeben zu können. Nach reiflichen Überlegungen und dem Verantwortungsbewusst seinen Vorfahren gegenüber fasste Fritz Lang den schweren Entschluss, den Betrieb zu liquidieren.

Der Maschinenpark konnte sukzessive verkauft werden, die Fabrikshallen waren im Zentrum von Traun gut vermietbar. Wirklich erholen konnte sich Fritz Lang erst nachdem feststand, dass alle so treuen und tüchtigen Mitarbeiter anderwertig Arbeit gefunden hatten.

Wie klug und vorausschauend dieser Entschluss war, wussten wir erst später. Das Weiterleben der Firma Graumann scheint gesichert, wenn auch nicht als Weberei, so doch als vielversprechende Projekte, die das Trauner Stadtzentrum aufwerten werden.